Unser Vorstandsmitglied Ärztin Lorena Steinbach im Interview

„Einer dieser Menschen war mein Vater“ – Lorena Steinbach (28, Foto) ist Ärztin für Anästhesie und Notfallmedizin am Uniklinikum Gießen. Junge Mütter, die mehrere Kinder zurücklassen, Millionen chronisch kranke Eltern, die nicht mehr richtig für ihre Kinder da sein können, der Familienvater mit Lungenkrebs im Endstadium – das alles spielt im Alltag der jungen Medizinerin eine große Rolle. Der Alltag von Jugendlichen wird hingegen vor allem von Bushaltestellen voller Tabakwerbung dominiert. Sie macht die Patienten unsichtbar.

Ärztin Lorena Steinbach

Ärztin Lorena Steinbach

Frau Steinbach, warum engagieren Sie sich als Vorstandsmitglied des Ärzteverbands Tabakprävention?

„Rauchen ist laut WHO die am größten vermeidbare Todesursache weltweit. Jährlich sterben in Deutschland über 120.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Einer dieser Menschen war 2005 mein Vater. Ich war 14 Jahre alt, als er mit gerade mal 50 Jahren an Lungenkrebs erkrankte. Genau ein Jahr nach der Diagnosestellung verlor er seinen Kampf. Er rauchte seit seinem 12. Lebensjahr, wodurch mir bewusst wurde, wie wichtig es ist, bereits Kinder und Jugendliche über die Folgen des Tabakkonsums aufzuklären. Und so wurde ich als Medizinstudentin das erste Mitglied bei Aufklärung gegen Tabak e.V., gegründet von Titus Brinker, und engagierte mich als Schulkoordinatorin und Mentorin bei Klassenraumseminaren. Das Engagement im Ärzteverband nun nach dem Studium ist für mich die logische Konsequenz – hier kann ich auch nach dem Studium für eine konsequente Tabakprävention eintreten. Ich freue mich mit Bundespolitikern zu diesem Thema in den Dialog zu treten und das Interesse meiner Patienten zu vertreten – es kann nicht sein, dass die Tabakindustrie die präsenteste Stimme im Bundestag ist.“

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem Plakatwerbung für Tabak noch erlaubt ist. Dein Kommentar dazu?

„Das komplette Verbot für Tabakwerbung ist in einem Land wie Deutschland längst überfällig. Es ist peinlich, dass die Bundesrepublik das letzte Land in Europa ist, dass die Verführung von Jugendlichen auf diese Weise zulässt. Hier müssen wir uns politisch stärker engagieren und dafür sorgen, dass es sobald wie möglich dazu kommt.

Sehr widersprüchlich finde ich die bisherige Handhabe im Umgang mit Tabakwerbung. Auf der einen Seite sind abschreckende Bilder und Warnungen auf Tabakprodukten platziert, auf der anderen Seite ist Werbung in Form von Plakaten, z. B. an Bushaltestellen erlaubt und somit für Kinder und Jugendliche zugänglich, während Werbung, z. B. erst ab 18 Uhr ausgestrahlt werden darf.“